Merkmale
Der bestimmend-kontrollierende Archetyp der Kommunikation ist zwanghaft danach bestrebt, den Lauf des Lebens zu lenken und unter Kontrolle zu haben. Sollte es dazu kommen, dass sich die Dinge nicht so entwickeln, wie er das vorgesehen hat, so wird er innerlich von einer Nervosität geplagt, und äußerlich kann dies mitunter zu Zorn und Wut führen. Sein Thema ist Kontrollverlust.
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Strenge Regeln, pedantische Regelmäßigkeit und Rituale, Prinzipien und starre Normen helfen nach seiner Auffassung, das Leben und die Mitmenschen unter Kontrolle zu halten.
Der neudeutsche Ausdruck „das muss so!“ ist ebenso typisch für den bestimmend-Kontrollierenden, wie „ich weiß was richtig ist!“. Dies geht von den alltäglichen kleinen Routinen, wie zum Beispiel das Aufhängen der WC-Papierrolle oder der Verwendung der Zahnpastatube, und setzt sich im Berufsleben fort, was mitunter Kolleginnen und Kollegen mehr oder weniger stark belasten kann. Fix davon überzeugt, dass er im Recht ist, müssen die anderen erst davon überzeugt werden!
Während beim aggressiv-Entwertenden das Hauptziel darin liegt, dass er das Gegenüber herabsetzt, liegt das Ziel beim bestimmend-Kontrollierenden darin, zu kontrollieren, zu formen und zu ändern.
Da der bestimmend-Kontrollierende nicht in der Lage ist, seine Wünsche zu äußern, werden an deren Stelle Appelle von allgemeinem Charakter geformt. „Während der Fahrt wird nicht gegessen!“ „Während dem Essen wird nicht geraucht!“ Oft verlagern sich mitunter auch deswegen Konflikte auf völlig belanglose Details, anstatt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Der Glaubenssatz des bestimmend-Kontrollierenden gilt vor Allem seinen – seiner Auffassung nach - chaotischen und unvernünftigen Impulsen in sich, denen er keinen Platz einräumt. Mitunter können es auch in seinen Augen sündhafte Triebe sein, die es mit aller Macht und unter Zuhilfenahme von strengen Regeln im Zaum zu halten gilt. Dies erscheint für den bestimmend-Kontrollierenden der einzige Weg, ein „anständiger“ Mensch zu bleiben.
Beweggrund
Vermutlich wurden in der Kindheit des bestimmend-Kontrollierenden alle natürlichen Triebe nach „Wildheit“ massiv unterdrückt. Egal, ob dies lärmen, aufbegehren, revolutionieren, gieriges und auch unmanierliches Essen, etc. war. All diese Gefühle und Verhaltensweisen wurden weder geduldet noch akzeptiert. Das Ergebnis war ein durchwegs „braves“ und zivilisiertes Kind, das sich vorbildhaft ruhig und angepasst, den Vorgaben der Eltern und Erziehungsberechtigten entsprechend, verhielt.
In Wahrheit tobt hinter der Fassade dieses braven und lieben Kindes ein ewiger Kampf von Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung. Der menschlichen Art entsprechend, dies nicht im eigenen Inneren zu sehen, reflektiert der bestimmend-Kontrollierende dies ins außen, und so werden die Mitmenschen als Regelbrecher und Täter erkannt.
Mit missionarischem Eifer wird dem Nachbarn vorgehalten, dass sein Rasen nicht dem eigenen entspricht, der überspitzt bemerkt, täglich mit der Hautschere geschnitten wird. Die Wohnung gleicht einem Werbeprospekt eines Möbelriesen und der Staubsauger scheint im Dauerbetrieb zu stehen.
Interaktion
Eine spannende Bemerkung erwähnt Schulz von Thun in seiner Beschreibung dieses Kommunikationsstils: entfernt sich ein Partner (Familienmitglied, Liebespartner, Kollege,…) vom bestimmend-Kontrollierenden, kann er die empfundene Kränkung nur dadurch zum Ausdruck bringen, indem er das tut, was er am besten kann – bevormunden und reglementieren. Ein „ich hätte gerne mit dir mehr Kontakt“ wird bis zur Unkenntlichkeit verdeckt. Er kann es auch nicht, denn dann würde er die Kontrolle abgeben.
Teufelskreise gibt es viele, und so möchte ich stellvertretend einen herausgreifen. Die Eltern fühlen sich besorgt, dass das Kind auf die schiefe Bahn gerät, und so werden die Zügel straffer angezogen. Es werden Anweisungen gegeben, Warnungen und Drohungen ausgesprochen, und es wird Moralgepredigt. Dies führt beim Jugendlichen dazu, dass er sich dadurch bevormundet und unverstanden fühlt, und missachtet diese Anweisungen. Dies verstärkt die Besorgnis der Eltern.
Entwicklungspotential
Psychologie und Pädagogik geben einige Möglichkeiten vor, wie man den bestimmend-Kontrollierenden in seiner Entwicklung unterstützen kann. Man findet diese Ansätze unter dem Begriff „Nondirektivität“. An dieser Stelle möchte ich gerne an die geschätzten Kolleginnen und Kollegen aus den entsprechenden Bereichen verweisen.
Ein weiterer Aspekt zur Entwicklung ist die Innenschau. Das was ich von anderen Menschen verlange, also wie ich mit ihnen umgehe, so wird es vermutlich auch in mir aussehen. Wenn ich meine Mitmenschen kontrolliere, sie lenke und versuche zu erziehen und zu schulmeistern, werde ich aller Voraussicht nach in mir mit aller Macht versuchen, mich unter Kontrolle zu halten. Um diese Kontrolle zu lockern, müsste ich mich meiner Angst stellen, diese Kontrolle zu verlieren. Dies kann aber nur unter „Begleitschutz“, also in Begleitung und unter „gesicherten“ Rahmenbedingungen erfolgen. Dabei geht es um die Frage, welche „inneren Dämonen“ mich „beherrschen“ und wovor habe ich Angst?
In der Interaktion wäre wichtig, dass der bestimmend-Kontrollierende von einer allgemeinen normativen Aussage und einen persönlichen Wunsch wechselt. Dies wäre nicht nur ein Unterschied in der Formulierung. Beispielswiese könnte das so lauten: „Man sollte nicht…“ sondern „Ich möchte nicht, weil…“ „Man macht das so und so…“ sondern „Ich hätte es gerne so und so, weil…“ Der gravierende Unterschied, und die Lösung mancher Konflikte, liegt in der Interaktion, weil das Herumreden um Nebensächlichkeiten in eine Auseinandersetzung der Wünsche wechselt.
Das Positive
In vielen Bereichen des Lebens, besonders im beruflichen Bereich ist es wichtig, dass Stabilität herrscht und eine ordnende Hand leitet. Der bestimmend-Kontrollierende verfügt über diese Qualitäten und daher ist er ein wichtiges Mitglied in dieser Gesellschaft.
Wenn der bestimmend-Kontrollierende gelernt hat, seine Angst vor Kontrollverlust zu minimieren, und die zwanghafte Überkontrolliertheit in eine Offenheit gegenüber der Innenerfahrung und einem „sich selbst zulassen“ transferiert, kann er z.B. sensibel die verschiedenen Interessen aller Beteiligten in einem Prozess koordinieren bzw. begleiten.
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