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Der mitteilungsfreudig-dramatisierende Archetyp

Merkmale

Geht es bei den in den letzten Tagen beschriebenen Archetypen, darum (sich) zu kontrollieren und zu distanzieren, so geht es beim mitteilungsfreudig-dramatisierenden Archetyp um genau das Gegenteil.

Einem Schauspieler gleich, die Bühne der Kommunikation und Interaktion betretend, ist der mitteilungsfreudig-Dramatisierende bestrebt, außergewöhnlich mitteilungsfreudig alles von sich preiszugeben. Er genießt es im Rampenlicht der Aufmerksamkeit zu stehen und sich vom Gegenüber bewundern zu lassen. Dieser Archetyp ist aus der Masse sofort erkennbar, denn um ihn herum wird es nie langweilig. Ob bewusst oder unbewusst wird sich der mitteilungsfreudig-Dramatisierende ständig in Situationen begeben, die außergewöhnlich sind.

Die wichtigste Botschaft ist „ich bin außergewöhnlich und Mittelmäßigkeit würde mich „umbringen!“ DENN „ich bin unwichtig! Wie mir wirklich zumute ist, interessiert niemanden!“

Bild: peggy_marco@pixabay


Beweggrund

Der mitteilungsfreudig-dramatisierende Archetyp hat in seiner Kindheit unter viel Schmerz und Leid lernen müssen, sich bemerkbar zu machen. Oftmals wurde er nicht beachtet, und nur unter Aufbringung dieser Strategie, konnte er sich bemerkbar machen. Dies hat sich bis in das Jetzt manifestiert.


Warum machen wir manchmal aus einer scheinbar unwesentlichen Nebensächlichkeit ein Drama? Warum reagieren wir manchmal bei einer Kränkung übermäßig?


Einerseits steckt hinter jeder übertriebenen zur-Schau-stellung, die Angst unbemerkt zu bleiben. Weiter kann es vorkommen, dass man über längere Zeit all seinen Kummer, seine Wut und seinen Schmerz nicht losgeworden ist, bzw. diese unterdrückt und nicht kommuniziert hat. Findet die betreffende Person eine passende Gelegenheit, wird sie diese dazu nutzen, einen Teil von diesen verdrängten negativen Gefühlen loszuwerden. Ein weiterer Beweggrund für eine übermäßige Reaktion auf ein Ereignis kann eine Ablenkung vom Eigentlichen durch Lenkung der Aufmerksamkeit auf Nebensächlichkeiten sein. Unbewusst kann es sein, dass man sich von einem inneren Konflikt befreien möchte, ohne dass das gegenüber merkt, worum es EIGENTLICH geht.


Interaktion

Aus den vergangenen Archetypen wissen wir, dass Sein und Schein meistens nicht übereinstimmen, sondern konträr sind. In Verbindung mit der bedürftig-anhängigen Strömung ist diese aufgedrehte Selbstdarstellung oftmals ein Hilferuf und eine appellartige Aufforderung an das Gegenüber „Hilf mir, sonst bin ich verloren!“ In Verbindung mir der sich-beweisenden Strömung bedeutet dies den appellartigen Ausruf „ich bin einzigartig und außergewöhnlich! Bewundere mich!“


Das Gegenüber bewundert den mitteilungsfreudig-Dramatisierenden und hängt ihm gebannt an den Lippen, denn er wird sehr oft kontrollierte oder in ihrem Ausdruck gehemmte Menschen als Gegenüber finden. Anfangs wird der mitteilungsfreudig-Dramatisierende auf den Partner faszinierend und aufregend wirken. Er wird Beifall spenden und wird gebannt und fasziniert seinen Ausführungen lauschen. Manchmal kann es dazu kommen, dass das gegenüber sogar neidisch auf die vielen Erlebnisse ist. Er führt ein „langweiliges Leben“ während der Dramatisierende offensichtlich ein durchwegs „aufregendes“ Leben führt. Dadurch fühlt sich der mitteilungsfreudig-Dramatisierende beachtet und anerkannt. Er ist in seinem Element, und fühlt sich dazu angespornt, sich weiter zur Schau zu stellen.


Allerdings wird sich nach einiger Zeit der Partner nach mehr sehnen, als nur Beifallspender und Zuhörer zu sein. Das Gehabe des mitteilungsfreudig-Dramatisierenden wird ihn nerven und er wird das Gefühl haben, dass er in gewisser Hinsicht missbraucht wird. Er wendet sich ab und lässt den mitteilungsfreudig-Dramatisierenden links liegen. Dieser verhält sich entsprechend, und versucht seine Anstrengungen zu steigern, um wieder ins Rampenlicht zu rücken. Das führt aber beim Gegenüber zu einer Verstärkung seiner negativen Gefühle. Als Ergebnis stehen sich zwei Menschen mit viel Kränkung auf beiden Seiten gegenüber.


Entwicklungspotential

Mitteilungsfreudig-Dramatisierende neigen zu Quantität (Menge) anstatt zu Qualität (Inhalt). Für ihn gibt es kaum ein unangenehmeres Gefühl, als ein Schweigen. Er neigt daher zu einer selbstbezogenen Geschwätzigkeit, der aus dem Gegenüber einen austauschbaren „Beifallspender“ macht.


Die Erkenntnis, dass die Anzahl der Worte nicht in direktem Zusammenhang mit der Qualität des Inhaltes zusammenhängt – also die Menge den Inhalt nicht wettmacht - bringt einen Wandel. Dabei ist es wichtig, dass der mitteilungsfreudig-Dramatisierende lernt, Schweigepausen bewusst einzusetzen. Dies wird ihm zwar schwerfallen, aber Schweigepausen zeigen oftmals mehr Wirkung, als belangloses Füllen der Pausen mit Nichtigkeiten. Vielleicht ist gerade JETZT IN DEM MOMENT genau der richtige Moment für den mitteilungsfreudig-Dramatisierenden, um darüber nachzudenken, wie es ihm geht, was im Moment für ihn wichtig ist. Wovor schaut er im Moment weg bzw. wovon möchte er ablenken?


Dies kann man selbst injizieren. Eine Möglichkeit besteht z.B. darin, dass man vor dem „Start“ in die „Aktion“ bis 10 zählt. Dies bietet ein Zeitfenster von ca. 10 Sekunden, um nachzuforschen wie es ihm geht, welche Bedürfnisse hat er im Moment, und was treibt ihn dazu an, da jetzt zu agieren? Vielleicht kommt er zu der Erkenntnis, dass es besser wäre, dem Gegenüber den Raum zu überlassen.


Für den mitteilungsfreudig-Dramatisierenden gibt es Tools, die ihn auf seinem Weg zur Entwicklung unterstützen können. „Aktives Zuhören“ und der „Kontrollierte Dialog“ sind nur zwei davon. Wichtig dabei ist aber die Erkenntnis, dass es nicht um das Erlernen von Techniken geht, sondern um eine Änderung der Einstellung. Der mitteilungsfreudig-dramatisierende Archetyp sollte nicht SICH in den Mittelpunkt stellen, sondern den Gesprächspartner.


Wenn der Volksmund davon spricht, dass „ein Mensch, der schneller redet, als sein Schatten – also sein Gehirn es verarbeiten kann, wenig Inhalt bietet“, dann ist da schon in gewisser Weise ein Funken Wahrheit dabei. Ein weiterer passender Spruch aus dem Volksmund ist „erst denken, dann sprechen!“


Das Positive

Der mitteilungsfreudig-dramatisierende Archetyp ist in der Lage über seine Gefühle zu sprechen. Dies ist eine Eigenschaft, die zum Beispiel kontrollierten und in deren Ausdruck gehemmten Menschen sehr schwerfällt.


Wenn der mitteilungsfreudig-Dramatisierende gelernt hat, zwischen uneingeschränkter, selbstbezogener Redseligkeit und Zurückhaltung unterscheiden zu können, und wenn er gelernt hat dem Gegenüber auch aktiv zuhören zu können, ist er eine wundervolle Bereicherung für die dialogische Partnerbezogenheit – offen in der Kommunikation, sowohl in der Preisgabe der eigenen Gefühle und Emotionen, als auch im Empfangen von Botschaften der Gefühle und Emotionen vom Gegenüber. Er wird zum charmanten und wortgewandten Zeitgenossen, der mit Witz und Talent zur Unterhaltung beträgt.

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